Kanonenbootpolitik im Mittelmeer: Nach dem Streit zwischen der Türkei
und Israel schaukelt sich ein nun ein Konflikt zwischen Ankara und
Zypern hoch. Es geht um Bodenschätze unter dem Mittelmeer. Ärger gibt es
auch um Zyperns EU-Ratspräsidentschaft Mitte 2012.
Dem östlichen Mittelmeer droht ein Hauen und Stechen um die unter dem
Meeresboden bei Zypern vermuteten reichen Gasvorkommen. Trotz Protesten
der Türkei hat die US-Firma Nobel Energy im Auftrag der griechischen
Zyprer damit begonnen, in dem nach Auffassung Ankaras umstrittenen
Gebiet um die geteilte Mittelmeerinsel nach Energievorkommen zu bohren.
"Provokation", sagt der türkische Energieminister Taner Yildiz. Ankara
will nun Kanonenboote und eigene Bohrteams auf Kurs bringen.
Hintergrund des eskalierenden Streites ist die Teilung
der Insel. Im Norden gibt es seit einer türkischen Militärintervention
1974 die international nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik
Nordzypern. Im Süden liegt die Republik Zypern, die aber die ganze Insel
international vertritt und auch Mitglied der EU ist.
Die
Republik Zypern hat mit den Mittelmeer-Anrainern Libanon, Israel und
Ägypten Abkommen über sogenannte Ausschließliche Wirtschaftszonen
geschlossen. Damit wurden - vereinfacht gesagt - am Meeresboden Grenzen
gezogen. In den so festgelegten Gebieten erhalten die angrenzenden
Staaten besondere Rechte, wie die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen.
"Wir halten uns an das internationale Recht und nichts anderes", sagt
eine Mitarbeiterin des zyprischen Außenministeriums.
Drohgebärden eines Getroffenen
Aber
Ankara ist empört, dass die griechische Seite nun mit der Ausbeutung
von Bodenschätzen beginnt, noch bevor es zu einer Friedenslösung
zwischen Griechen und Türken auf der Insel kommt. "Es geht nicht
grundsätzlich um die Souveränität in diesem Gebiet des Mittelmeeres.
Aber die Bodenschätze sollten zum Nutzen beider Seiten erschlossen
werden", sagte ein Sprecher des türkischen Außenministeriums.
Noch
in dieser Woche will die Türkei nun zusammen mit der nur von ihr
protegierten Türkischen Republik Nordzypern in dem Gebiet selber nach Öl
und Gas suchen. Dazu will Ankara mit den türkischen Zyprern ein eigenes
Abkommen über den Verlauf der Grenze am Meeresboden schließen. Die
staatliche türkische Ölgesellschaft TPAO soll die Suche leiten, zunächst
mit einer seismischen Untersuchung. "Der genaue Ort steht noch nicht
fest, aber es wird zwischen den türkischen Küste und der Küste Zyperns
sein", sagt ein Sprecher des Energieministeriums.
Die
angekündigte verstärkte Präsenz von türkischen Seestreitkräften lässt
den Streit brenzliger werden. Doch da eine US-Firma die Bohrrechte im
sogenannten Block 12 der Wirtschaftszone Zyperns hat, wird Ankara sich
mit weiteren militärischen Drohgebärden wohl zurückhalten müssen.
Ab Mitte 2012 werden die Beziehungen der Türken zur EU eingefroren
Politisch
aber kann der Energie-Streit die Fronten im Streit um die geteilte
Mittelmeerinsel noch mehr verhärten. "Wenn es bei den
Friedensverhandlungen keine Lösung gibt und die EU ihre rotierende
Präsidentschaft an den Süden Zyperns gibt, wird es zwischen der Türkei
und der EU eine echte Krise geben", sagte Vizeregierungschef Besir
Atalay bei einem Besuch im Norden Zyperns. "Denn dann werden wir unsere
Beziehungen zur EU einfrieren." Die Republik Zypern soll turnusmäßig
Mitte 2012 die EU-Ratspräsidentschaft für ein halbes Jahr übernehmen.