Dienstag, 9. Juni 2009

Zeit für Wahrheit zu sorgen

EIN STAAT-ZWEI GESICHTER II
von Michael Eisenfeld

Es ist wieder an der Zeit für Wahrheit zu sorgen, um die Problematik nicht nur anzusprechen, sondern auch zu hinterfragen. Nach dem ersten Teil “Ein Staat – Zwei Gesichter” hat sich meine Sichtweise zu diesem brisanten Thema “Der Namensstreit zwischen Skopje und Athen” bestätigt. Eine Bestätigung im Sinne von “Mir wird einiges klar – es ändert sich nichts.”, denn die Provokationen in einem destabilisierenden Staat wie der EJRM, führt die, wie man es in Fachkreisen so nennt, “Antikisierung” fort und scheint nach einer Lösung zu warten anstatt nach einer zu suchen.

Im ersten Teil meines Artikels wurden die Expansionsgelüste, die polemischen Provokationen Seitens der EJRM und auch die historischen Fragestellungen durchgenommen. Der Artikel “Ein Staat – Zwei Gesichter” schaffte es sogar “Artikel der Woche” zu werden und mit über 400 Kommentaren eine Diskussion heranzubringen, die es sonst sehr selten gab. Wird dieser Artikel den gleichen Erfolg verbuchen können? Ich würde mich darüber sehr freuen, doch es ist abzuwarten, welche hitzige Diskussion uns hier diesmal erwartet, denn auch in diesem zweiten Teil mangelt es nicht an historischen, fundierten Belegen.

Die EJRM – das Zentrum des Hellenismus?

Viele Interessenten fragen sich “Sind die Slawischen Mazedonier die kulturellen Erbenträger der makedonischen Geschichte?” und versuchen einen kleinen Blick in dieses äußerst schöne Land zu werfen. Verschiedene Reiseanbieter sparen nicht mit Bildmaterial (Fotos, so wie auch Videos) um das kleine Land so attraktiv wie möglich zu gestalten, denn auch der Tourismus in diesem Staat ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Was hat das aber nun mit dem Hellenismus zu tun? Nichts, denn das hellenische und zentrale Makedonien zu Zeiten Alexanders des Großen lag nicht in der heutigen Ex-Jugoslawischen Republik, sondern in Griechenland – im Herzen Makedoniens. Wie kann es aber sein, dass die Slawischen Mazedonier sich als Erbenträger sehen, obwohl deren Vorfahren erst im 6. Jahrhundert nach Makedonien siedelten? Man versucht sich eine Geschichte/eine Identität zusammenzubasteln, denn auch die Ursprünge des “mazedonischen” Nationbuilding halten an sehr merkwürdigen Thesen fest. “Mazedonisten” wie Georgi Pulevski beispielsweise hielten an diesen sehr merkwürdigen Thesen fest, wie das Buch “Das Lehrbuch der makedonischen Sprache” von Vera Boji und Wolf Oschlies beschreibt. Ein kleiner Auszug aus dieser Broschüre:

Die “Mazedonisten” waren Autodidakten, die aus einfachsten Verhältnissen stammten; eben dadurch unterlagen sie keinen fremden Kultureinflüssen, erbauten sich ihre eigenes Geschichtsbild fernab akademischer Aussagen und erhoben die weitreichendsten Forderungen. Das traf insbesondere Georgi Pulevski (1838 - 1894) zu, die Zentralfigur dieses Kreises. Dieser ehemalige Maurer lies in seinen Schriften und Lehrbüchern die “mazedonische” Geschichte bei den Slawen Philipp und Alexander von Makedonien einsetzen, feierte die “mazedonische” Sprache als ein seit Kyrill und Method kaum verändertes Medium und forderte für die “Mazedonier” hier und jetzt nationale Freiheit und Gleichberechtigung.

Auch der größte Held der Slawischen Mazedonier, Goce Delcev, sah sich ethnisch als Bulgare, wie beispielsweise das Buch “Sprachliche Aspekte des Nationbuilding in Mazedonien” von Torsten Szobries, richtigerweise beschreibt:

[…] Auch Delcev verwendete in seinem Schriftverkehr die bulgarische Schriftsprache und betrachtete sich – im ethnischen Sinne – als Bulgaren. […]

Auch Krste Misirkov, ein Philologe und Publizist, wird in diesem Buch beschrieben. Er veröffentlichte nach dem Illinden-Aufstand ein Werk, das heute als eines der bedeutendsten Dokumente der “mazedonischen” National- und Sprachgeschichte bezeichnet wird. In seinem Werk leugnet er sogar die Anwesenheit der Serben und Bulgaren in Makedonien:

[…] In Makedonien gebe es nach Misirkov weder Bulgaren noch Serben, sondern nur “Makedonier” slawischer Herkunft und andere “makedonische” Nationalitäten. Auf den möglichen Einwand, wie es denn eine solche slawisch-makedonische Nationalität geben könne, “wenn wir, unsere Väter, Großväter und Urgroßväter sich Bulgaren genannt haben” entgegnet Misirkov, dass sie ja noch geschaffen werden könne. […]

Weiter heißt es:

[…] Der deutsche Slawist Norbert Reiter weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei dieser Argumentation um einen irreführenden Kunstgriff handelt, bei dem Misirkov einerseits die Begriffe “Bulgarisch” und “Serbokroatisch” mit den jeweiligen Standartsprachen gleichsetzt, anderseits sie jedoch auch als sog. “natürliche Einzelsprachen” versteht. […]

Wie kann es also sein, dass die Slawischen Mazedonier sich nun nicht als ethnische Bulgaren oder Serben sehen (was sie ja früher getan haben) und alles, was mit Bulgarien oder Serbien zu tun hat, dementieren? Man könnte die Absicht des “mazedonischen” Revolutionärs Georgi Pulevski in Anspruch nehmen, denn dieser hielt sich, wie weiter oben schon festgelegt wurde, nicht an akademischen Aussagen und kreierte/erfand somit eine Geschichtsschreibung die als “falsch” einzustufen ist. Warum sich aber die Slawischen Mazedonier von den Bulgaren und Serben distanzierten? Misirkov beschrieb es eindeutig:

[…] Misirkov setzt auf den Verbleib Makedoniens im Osmanischen Reich und warnt vor einer Vereinigung mit Bulgarien, Serbien und Griechenland, da diese Länder wirtschaftlich und kulturell weiter entwickelt seien und somit nur selbst einen Vorteil aus der Vereinigung zögen […]

Es wirkt mehr als deutlich, dass sich die Geschichtsschreibungen und die Identifikationen einer “mazedonischen Nation” auf eine Geschichte berufen, die mit der Realität nicht vereinbar werden kann. Man hält sich hauptsächlich an die These Pulevskis fest, die nach einer Kontinuität sucht – die Kontinuität zwischen den Slawischen Mazedoniern und den Hellenischen Makedoniern, die logischerweise nicht existiert. Wie kann man demnach einen Anspruch auf die hellenische Epoche Makedoniens haben, wenn einst die Vorfahren Slawen waren und die heutigen Bewohner der EJRM Slawen sind? Dies beschreibt ein Artikel von der Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16.09.2002.

44. Deutscher Historikertag in Halle:

[…] Noch weiter zurück in die Vergangenheit greift Mazedonien. Mit Griechenland hat es heftig um den Goldstern aus dem Grab im (griechischen) Vergina als Flaggensymbol gekämpft. Er wurde dort im Grab Philipps II. gefunden, des Vaters Alexanders des Großen. Beide sind von mazedonischen Pseudohistorikern enthellenisiert und zu Slawen gemacht worden. Ebenso sucht Mazedonien albanische historische Stätten und Gestalten für sich zu reklamieren: Irredenta als Geschichtspolitik. […]

Die Polemische Haltung

Im ersten Teil “Ein Staat – Zwei Gesichter” habe ich die polemischen Züge innerhalb der EJRM verdeutlichen können. Vergleiche konnten hervorgebracht werden, wie beispielsweise die Polemik der 90er Jahre und der Heutigen. Hat sich was geändert? Mitnichten! Nach dem Erscheinen des ersten Artikels häuften sich weiterhin die Provokationen Seitens der EJRM, denn die “Antikisierungsmaschine” läuft heute noch auf Hochtouren und nimmt, unveränderlich, keine Auszeit. Seit geraumer Zeit erblickte Vasko GligorijeviÄ� das Licht der medialen Welt des World Wide Webs. Ein in der EJRM lebender Serbe, der die politische Ambition der EJRM verfolgt und medial auf seiner Seite www.vardaraxios.wordpress.com festhält. Artikel verschiedener Zeitungen, Ausschnitte aus den Fernsehnachrichten, u.v.m. bietet Vasko an, die er ins Englische übersetzt und den Zugang für jeden Interessierten ermöglicht. Videoausschnitte wie beispielsweise eines, in dem ein “mazedonischer Gott” die weiße Rasse als “mazedonisch” reklamierte, u.v.m. gehört zum Inventar seines “Video-Archivs”, dass er auf Youtube präsentiert. Kamen neue Berichte oder auch Ausschnitte ans Tageslicht? Freilich! Wie folgt wurde vom Sender Kanal 5 ein Bericht ausgestrahlt, in dem der “Pseudohistoriker” Aleksandar Donski das bekannte Medium Stephan Hermann in den USA besucht, denn Hermann behauptete mit dem Geist Alexander des Großen persönlich gesprochen zu haben. Hermann berichtet davon, dass Alexander der Große sich für die Slawischen Mazedonier interessieren würde und riet den Slawischen Mazedoniern sich nicht von den Griechen unterdrücken zu lassen. Er würde wissen, so Alexander der Große, dass sie (die Slawischen Mazedonier) Makedonier seien.



Es ist zu Recht merkwürdig, dass Alexander der Große, Verbreiter des Hellenismus, ausgerechnet Partei gegen die Hellenischen Griechen ergreift. Allein dafür, dass die mediale Welt in der EJRM diesen Irrsinn als “Phänomen” beschreibt, zeugt davon, dass vielen Slawischen Mazedoniern kein Weg zu schade sein mag um eine Verwandtschaft zwischen ihnen und den Antiken Makedoniern anknüpfen zu können – wie irrsinnig dieser Weg auch sein mag. So auch die Politik in der EJRM, die vehement versucht den “Antikisierungsprozess” durchzuführen, um eben eine Antike Geschichte im Lande (neu) zu erschaffen. Die Umbenennungen von staatlichen Institutionen, Straßen, Plätzen, Autobahnen, etc. vom Slawischen ins Griechische verdeutlicht die polemische Absicht der EJRM. Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass zukünftig eine 22 Meter hohe Alexanderstatue das Hauptzentrum in Skopje schmücken soll, so die “Devnik”. Auch ein Staatsgebäude, das zugleich Staatsarchiv, archäologisches Museum und Verfassungsgericht beinhalten soll, wird in Auftrag gegeben, so die slawisch-mazedonische Zeitschrift “Globus”. Ein Auszug aus einem Blog mit der Adresse www.mkdn.wordpress.com berichtete davon:

[…] Erst Statuen von Alexander und Aristoteles, dann Umbenennungen von Flughäfen und Straßen. Und nun Gebäude im Antike-Style – wie könnte das natürlich auch anders sein? In der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gewinnt das Wort “Antikisierung” einen neuen fanatischen und absurden Charakter. In ca. zwei Jahren soll ein Gebäude im typisch griechischen Stil fertig gebaut bereit stehen um Platz für das Staatsarchiv, das archäologische Museum und das Verfassungsgericht der EJRM zu bieten.

Folgende Zeichnung ist in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien in der Zeitschrift “Globus” erschienen (Siehe Bild)

Laut dem Architekten die typisch “antike mazedonische Architektur eines Königshauses”. – Warum wohl die Wörter “griechische Architektur” nicht fallen? Schwach, dass sich solch eine Person “Architekt” nennen darf! […]

Quelle

Selbst Nikola Gruevski, Ministerpräsident der EJRM, ehrte die Planung des Baues mit einer Rede vor einheimischer Kulisse, wie hier zu sehen ist:



Was sagen nun die rivalisierenden Parteien/Menschen oder auch Außenstehende zu diesem Antikisierungsprozess und zu dem Namensstreit? Der ehemalige Direktor und Schöpfer der Zeitung “Devnik”, Branko Geroski, der sich von der “Devnik” losgesagt hat und heute in Serbien für die Zeitung “Spic” arbeitet, gilt als einer der wenigen Journalisten in der EJRM, die, die Politische Haltung der regierenden Partei VMRO kritisiert. Auf der griechischen Nachrichtenseite “Imerisia-Online” wurde Branko Geroski nach seiner Meinung befragt und wie folgt nahm er Stellung zu dem Thema:[…] Ich sage genau das Gegenteil: Weder die Namen für die inländischen noch die internationalen Namen unseres Landes haben keinen realen Bezug zu unserer nationalen Identität! Dies ist nicht nur eine große und tragische Täuschung, sondern auch eine Irreführung. […]
Ehemalige Ministerpräsident der EJRM und Gründer der aktuellen (nationalistischen) Regierungspartei in der EJRM (VMRO-DPMNE) Photo: via Autor

Trotz mehrfacher Angriffe und Drohungen die Branko Geroski erhalten hat, blieb er seiner Meinung treu. Nicht anders reagierte der Gründer der VMRO-DPMNE und ehem. Ministerpräsident der EJRM, der sich von den Idealen der VMRO-DPMNE lossagte und 2006 nicht nur die bulgarische Staatsbürgerschaft annahm, sondern sich zu seinen, wie er sagte, “bulgarischen Wurzeln” bekannte. Im Februar 2009 wurde Georgievski vom slawisch-mazedonischen Sender A2 TV eingeladen, um sich über die aktuelle Lage in der EJRM zu äußern. Einst galt er während seiner Amtszeit mit der VMRO-DPMNE als “nationalistischer Hardliner” – Heute sieht er ein, dass er mit diesen Idealen daneben lag. Das Interview, das von Vasko GligorijeviÄ� ins Netz gestellt wurde, sorgte in der EJRM für Empörung und Unverständnis, da Georgievski harte Kritik äußerte.

Wie folgt äußerte sich Georgievski:

[…] “Sehen Sie, der heutige Patriotismus in der Republik Mazedonien ist … lassen Sie es mich so ausdrücken, eine Art von Kitsch-Patriotismus. Auch wenn es für mich persönlich wie etwas aussieht, dass ich nicht als Patriotismus bezeichnen kann. Wenn wir es genau betrachten ist es reine Nationalpolitik in Richtung einer riesigen Propaganda welche die Bürger des Landes als ‘antike Makedonen’ aussehen lassen soll, um davon politisch zu profitieren. Diese gesamte Geschichte, dass die heutigen ‘Mazedonier’ die Nachfahren der antiken Makedonen sein sollen ist schön anzuhören, weil gerade sehr viele Menschen in der Republik Mazedonien diese Geschichte gerne hören wollen.

Aber damit bewegt man sich nicht nur auf ziemlich dünnen Pfaden … und nicht nur wegen Griechenland. Wir erzeugen damit innenpolitische und soziale Problematiken. Sehen Sie - vor 20 Jahren haben wir uns als ‘Jugoslawen’ bezeichnet und heute zwingen Sie uns, uns als ‘antike’ Makedonen zu bezeichnen. Ich kenne Tausende von Menschen die sich als Slawen fühlen. Was ist mit deren Ansicht? Soll man sie mit dieser Propaganda zwingen etwas anderes zu sein als diese es Empfinden?” […]

(Übersetzung aus der Internetseite www.makedons.de)

Das Interview:

Es ist demzufolge kein Geheimnis, dass die mehrheitliche Masse in der EJRM sich kritisch oder auch feindselig zu Georgievskis Aussage äußerte, denn wie schon beigetragen wurde ist Ljubco Georgievski nicht nur ein einfacher Politiker in der EJRM gewesen, sondern der Gründer der nationalistischen VMRO-DPMNE und der ehem. Ministerpräsident der EJRM.

Auch die sozialdemokratische Opposition in der EJRM definiert die Politik kritisierend. So “Die Presse“:

[…] Ihre unbeugsame Haltung im Konflikt mit Griechenland hat die Popularitätswerte der regierenden Rechtspopulisten und von Premierminister Nikola Gruevski kräftig in die Höhe schießen lassen. Die sozialdemokratische Opposition sieht in der konfrontativen Politik der Regierung genauso wie in der “Antikisierung” des Landes eine überflüssige Provokation der Nachbarn, die von den eigentlichen Problemen Mazedoniens nur ablenken solle. […]

Selbst die Basler Zeitung hat die Antikisierung erkannt:

[…] Ministerpräsident Nikola Gruevski missbraucht die hellenische Geschichte gern für politische Zwecke. Obwohl die Slawen den Balkan erst im 6. Jahrhundert besiedelten, behaupten manche Pseudohistoriker in Skopje, ihre Landsleute seien Nachfahren der antiken Mazedonier. Solche Provokationen verstärken Athens Ablehnung. […]

Das jedoch stört Nikola Gruevski & Konsorten keineswegs, denn für sie steht eines fest: “Ändern wird sich nichts. Wir bleiben bei unserer Meinung. Koste es was es wolle.”. Da frage ich mich doch:

“Würde die Meinung denn bestehen bleiben, auch wenn die Kosten so hoch wären, dass sogar die NATO-Aufnahme, so wie die EU-Aufnahme gefährdet sei?”

Denn der Beitritt in die NATO sowie in die EU, ist das wichtigste Ziel der EJRM. Um jedoch an diesem Ziel zu gelangen, muss der Namensstreit gelöst werden, denn solange der Namensstreit mit Griechenland nicht gelöst ist, sehen die Chancen einer NATO- und EU-Aufnahme für die EJRM sehr schlecht aus. Schon 2008 drohte Griechenland vor dem NATO-Gipfel in Bukarest mit einem Veto, da der Namensstreit noch nicht gelöst sei. Das Resultat war “Die EJRM hat keine Einladung vom Bündnis erhalten”. Infolgedessen zog die EJRM vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) und klagte Griechenland an, dass sie gegen das Interimsabkommen, das 1995 von Griechenland und der EJRM unterzeichnet wurde, verstoßen würde.

Interimsabkommen?

Die Begründung der EJRM steht felsenfest: “Griechenland verstößt gegen das Interimsabkommen, denn Griechenland sei verpflichtet gewesen, die Aufnahme der EJRM in internationale Organisationen nicht zu behindern, sofern diese unter der Bezeichnung ‘Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien’ stattfindet.” Was sagt aber das Interimsabkommen noch? Ein Auszug aus der Erich-Ebert-Stiftung, die, die wesentlichen Punkte aufzählt:

[…] Bestehende Grenzen werden gegenseitig anerkannt, ebenso die Souveränität, territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit beider Seiten (Art. 2 und 3). Beide Seiten verzichten auf die Anwendung von Gewalt und erheben keine territorialen Ansprüche gegeneinander (Art. 4). Athen und Skopje verpflichten sich, feindliche Propaganda zu unterlassen (Art. 7). […]

Wenn wir uns die Artikel nacheinander ansehen, so erkennen wir doch offensichtlich, dass die EJRM gegen das Interimsabkommen verstößt und Nicht-Griechenland bzw. Griechenland nicht grundlos die Aufnahme der EJRM in internationale Organisationen blockiert.

Art. 2 und Art. 4 (Bestehende Grenzen werden gegenseitig anerkannt; Beide Seiten verzichten auf die Anwendung von Gewalt und erheben keine territorialen Ansprüche gegeneinander):

Werden die Grenzen anerkannt? Einerseits schon, denn die offensichtliche Expansionslust der Politiker in der EJRM, die einst in den 90er hoch war, wurde eingestellt. Doch sie wurde nicht überall eingestellt. In meinem ersten Artikel “Ein Staat – Zwei Gesichter” befasste ich mich mit den Geschichts- und Schulbüchern der EJRM. Wir haben deutlich erkennen können, dass die Griechische Region Makedonien, als eines von Griechenland okkupiertes Gebilde angesehen wird und diese “Feststellung” in den Schulbüchern verdeutlicht wird. Wie kann also ein Schulsystem eine derartige Expansionslust betreiben? Noch wichtiger: Wie kann der Staat diese Expansionslust tolerieren? Wieso toleriert der Staat überhaupt eine Expansionslust? Man müsste sich mal ein fiktives Szenario vor Augen führen, denn man stelle sich nur vor, in Deutschen Geschichtsbüchern würde ähnliches stehen. Wie souverän würde die BRD nun aussehen wenn sie Gebiete für sich beanspruchen würde, die einst in Deutscher Hand waren?

Art. 7 (Athen und Skopje verpflichten sich, feindliche Propaganda zu unterlassen):

Es ist offensichtlich, dass die EJRM eine marschierende Propaganda betreibt um Griechenland gezielt damit provozieren zu können. Die “Antikisierungen” bestätigen es. Selbst der US-Senat hielt dies 2007 in der Resolution 300 fest:

[…] Expressing the sense of the Senate that the Former Yugoslav Republic of Macedonia (FYROM) should stop the utilization of materials that violate provisions of the United Nations-brokered Interim Agreement between FYROM and Greece regarding `hostile activities or propaganda’ and should work with the United Nations and Greece to achieve longstanding United States and United Nations policy goals of finding a mutually-acceptable official name for FYROM. […]

Diese Resolution wurde im August 2007 von den US-Senatoren Menendez, Snowe und Obama (Heute der Präsident der USA) unterzeichnet. Weiter heißt es:

[…] Whereas, on April 8, 1993, the United Nations General Assembly admitted as a member the Former Yugoslav Republic of Macedonia (FYROM), under the name the `Former Yugoslav Republic of Macedonia’;

Whereas United Nations Security Council Resolution 817 (1993) states that the dispute over the name must be resolved to maintain peaceful relations between Greece and FYROM;

Whereas, on September 13, 1995, Greece and FYROM signed a United Nations-brokered Interim Accord that, among other things, commits them to not `support claims to any part of the territory of the other party or claims for a change of their existing frontiers’;

Whereas a pre-eminent goal of the United Nations Interim Accord was to stop FYROM from utilizing, since its admittance to the United Nations in 1993, what the Accord calls `propaganda’, including in school textbooks;

Whereas a television report in recent years showed students in a state-run school in FYROM still being taught that parts of Greece, including Greek Macedonia, are rightfully part of FYROM;

Whereas some textbooks, including the Military Academy textbook published in 2004 by the Military Academy `General Mihailo Apostolski’ in the FYROM capital city, contain maps showing that a `Greater Macedonia’ extends many miles south into Greece to Mount Olympus and miles east to Mount Pirin in Bulgaria;

Whereas, in direct contradiction of the spirit of the United Nations Interim Accord’s section `A’, entitled `Friendly Relations and Confidence Building Measures’, which attempts to eliminate challenges regarding `historic and cultural patrimony’, the Government of FYROM recently renamed the capital city’s international airport `Alexander the Great Airport’;

Whereas the aforementioned acts constitute a breach of FYROM’s international obligations deriving from the spirit of the United Nations Interim Accord, which provide that FYROM should abstain from any form of `propaganda’ against Greece’s historical or cultural heritage;

Whereas such acts are not compatible with Article 10 of the United Nations Interim Accord, which calls for `improving understanding and good neighbourly relations’, as well as with European standards and values endorsed by European Union member-states; and

Whereas this information, like that exposed in the media report and elsewhere, being used contrary to the United Nations Interim Accord instills hostility and a rationale for irredentism in portions of the population of FYROM toward Greece and the history of Greece: Now, therefore, be it […]

Deutlich erkennbar: Die EJRM verstößt ausdrücklich gegen Art. 7 des Interimsabkommens. Man kann davon ausgehen, dass die Entscheidung vor dem IGH positiv für Griechenland ausfallen wird. Ich frage mich dennoch, ob sich die Regierung in der EJRM mit der Resolution 300 auseinandergesetzt hat? Höchstwahrscheinlich nicht. Was wir jedoch wissen dürfen ist, dass durch diesen Bruch/Verstoß die Aufnahme in die EU und NATO gefährdet ist, denn auch gegen die NATO-Beitrittskriterien verstößt die EJRM. Wie folgt heißt es darin:

[…] States which have ethnic disputes or external territorial disputes, including irredentist claims, or internal jurisdictional disputes must settle those disputes by peaceful means in accordance with OSCE principles. Resolution of such disputes would be a factor in determining whether to invite a state to join the Alliance. […]

Leider ist es so, dass viele “westliche” Politiker die Provokationen, die Verstöße, etc. gar nicht thematisieren. So auch die CDU-Europaparlamentarierin Doris Pack:

“Die CDU-Europaparlamentarierin Doris Pack hat Griechenland wegen seiner Haltung im Namensstreit mit der Balkanrepublik Mazedonien attackiert. Die griechische Blockade eines möglichen Beitritts Mazedoniens zur EU wegen seines Namens sei ‘unfair’ und ‘uneuropäisch’, betonte die CDU-Politikerin. Kein Mitgliedsland habe sich gegenüber Griechenland in der Weise verhalten, wie sich Griechenland jetzt gegenüber Mazedonien verhalte.”

Ist der ehrenwerten Frau Pack auch bewusst, dass die EJRM gegen das Interimsabkommen und gegen die NATO-Beitrittskriterien verstößt? Das fragen sich sicherlich viele, wenn man sich die Beweislage durchliest!

Alexander der “Slawe”?

Photo: via wikipedia.org

Bisher konnten wir analysieren, dass die EJRM nicht nur gegen Verträge verstößt, sondern auch historische Tatsachen verdreht, um die Lücke der Identitätsfrage im Lande zu füllen. Hellenische Historik wird prompt enthellenisiert und zu einer slawischen Historik umformiert. Das häufigste Argument aus der EJRM lautet ungefähr so: “Alexander der Große war kein Grieche, er war ein Makedonier, wie wir”. Sicherlich war Alexander der Große ein Makedonier, doch ich frage mich ernsthaft, wie einige die Behauptung aufstellen können, dass Makedonier keine Griechen bzw. keine Hellenen gewesen sind? Die überwiegende Mehrheit an Historikern scheint einer Meinung zu sein: “Alexander der Große war freilich ein Hellene, denn er war der Verbreiter des Hellenismus”. Kann man demnach den Makedoniern das “Hellenische” absprechen, obwohl durch ihre Eroberung der Hellenismus bis nach Indien gelangte? Mitnichten!

[…] Der junge Herrscher war genau die richtige Besetzung, denn sein Selbstbewusstsein war enorm. Er sah sich als Nachkomme des Herakles (väterlicherseits) und des Achilles (mütterlicherseits), den beiden größten Helden der griechischen Sagenwelt. Sein ganzes Tun war in dieses mythische Gedankenkonstrukt eingebettet. Einen wichtigen Anteil an diesen mentalen Voraussetzungen hatte sein Lehrer Aristoteles, der ihm die Welten der Ilias und Odyssee näher brachte. […]

Alexander selbst identifizierte sich als Hellene/Grieche und betrachtete die griechische Kultur als Teil seiner Kultur:

“Deine Vorfahren haben Makedonien und den Rest Griechenlands versucht zu besetzen und uns somit großen Schaden zugefügt. Obwohl wir euch nie zuvor etwas angetan hatten. Nun bin ich der Hegemon aller Griechen …”

Alexander III (der Große) in Koversation mit Darius dem Perserkönig (Arrian, Anabasis von Alexander II,14,4)

Was sagt die slawisch-mazedonische Internetseite www.Pelagon.de. dazu? Sie veröffentlichten einen Artikel mit dem Titel “Wie griechisch waren die Makedonen?” und negierten die hellenische Identität der Makedonier. Ein kleines Zitat aus dem Artikel:

[…] “Zu allererst muss festgehalten werden, dass Griechenland überhaupt nichts mit den antiken Makedonier und deren Symbolen zu tun hat. In keinem Dokument oder Schriftstück antiker Schreiber wie Arian, Plutarch, Diodorus, Herodotus, Justin, Levy, Quintus Curtius Rufus, Polybius, Thucydides, Polyaenus, etc. finden sich Beweise, dass die antiken Makedonier als Griechen bezeichnet wurden oder was anderes als Makedonier. Nirgends in der geschriebenen Geschichte findet sich der Beweis, dass die antiken Griechen die antiken Makedonier als ihres Gleichen ansahen” […]

Kann das stimmen? Panagiotis Raftakis, Betreiber der Medienplattform www.makedons.de, scheint anderer Meinung zu sein und antwortete verständlicherweise auf diesen Artikel:

[…] Die antiken Makedonen waren schon fast ekelhaft Griechisch! Internetpropaganda indem das Makedonentum regelrecht enthellenisiert wird gibt es zu Haufen in den unendlichen Weiten des Netzes. “Die Makedonen seien keine Griechen gewesen” – oder “Die Griechen würden Symbole anderer Völker wie denen der ehemaligen jugoslawischen Republik - F.Y.R.O.M entwenden. Wir werden Ihnen in diesem Artikel nicht das Selbstverständliche beweisen, Nein. Wir werden Ihnen mit Passagen aus historischen Quellen, wissenschaftlichen Analysen und historischen Atlanten, Fragmente des Griechentums der Makedonen auflisten. […]

Schauen wir uns doch einmal an, was antike Persönlichkeiten denn wirklich gemeint haben:
[…] HERODOT berichtet sehr wohl über die Makedonen und deren dorischen Abstammung. (Zitat): In den Tagen des Königs Deucalion nahmen sie ( die Griechen ) das land Pythiotis in Besitz. Dann, in der Zeit des Dorus, der Sohn des Hellen war wurde das Land Histiaean besiedelt welches unter dem Ossa und dem Olymp lag. Geführt von den Kadmeaern siedelten sie auch am Pindos und an seinen Ebenen welches Land sie dann Makedonien ( Makednia) nannten. Doch sie wanderten auch nach Dryopia und von von dort nach Peloponessus wo sie den Namen Dorier annahmen” Das erste Buch ‘Historieen’ (Paragraph 56.3 ) Herodot Aussage über die Herkunft der Griechen

ARRIAN berichtet ebenso über eine Konversation Alexanders des Großen mit dem Perserkönig Darius: “Deine Vorfahren haben Makedonien und den Rest Griechenlands versucht zu besetzen und uns somit großen Schaden zugefügt. Obwohl wir euch nie zuvor etwas angetan hatten. Nun bin ich der Hegemon aller Griechen… ‘Alexander III (der Große)’ in Konversation mit Darius dem Perserkönig (Arrian, Anabasis von Alexander II,14,4)

THUKYDIDES berichtet uns ebenso: ‘Das Land an der Seeküste, nun Makedonien genannt, wurde gegründet von Alexander dem I, Vater des Perdiccas, und seiner Nachfahren, Abkömmlinge von Argos. Thukydides bestätigt ebenso das die Makedonenherrscher hellenischer Abstammung und von der Stadt Argos kamen. (Buch 2, 99.3)

AESCHINES berichtet uns : ‘Auf einen Kongress der Lakedämonischen und der anderen griechischen Verbündeten, in dem Amyntas, der Vater von Philipp, einen Sitz hielt, und von einem Delegierten dessen Stimme absolut unter der Kontrolle von Amyntas war repräsentiert wurde, unterstütze er die anderen Griechen beim Wählen, um Athen den erneuten Besitz von Amphipolis zu zusichern. Zum Beweis der Wahl, ließ ich mich von der Öffentlichkeit aufstellen, um nach der Auflösung des griechischen Kongresses die Namen deren zu notieren, die wählten Aeschines (Die Botschaft 2.32) Legt einen weiteren Beweis dafür, das König Amyntas von Makedonien an dem Kongress der Lakedämonen und der anderen griechischen Alliierten teilnahm.

PAUSANIAS - “Sie sagen, dass diese die Stämme waren, die von Amphiktyon selbst in der hellenischen Versammlung gesammelt wurden: […] die verbundenen Makedonen und der gesamte Phokische Stamm […] zu meinen dortigen Tagen, waren es dreißig Mitglieder: sechs von jedem, von Nikopolis, von Makedonien und von Thessalien…..” Dieses Zitat stammt aus Pausanias Buch “Phokis” (8,2 & 4): […]

Wie auch im ersten Artikel “Ein Staat - Zwei Gesichter” bin ich der Meinung, dass die Frage “Wie griechisch waren die Makedonen?” überflüssig erscheint, denn Geschichte, die deutlicher nicht sein kann, kann nicht verändert werden.

Fazit

Nikola Gruevski, Ministerpräsident der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (FYROM) Photo: via Autor

Der Namensstreit hält beide Staaten, Griechenland und die EJRM, in Atem. Eine baldige Lösung scheint nicht in Aussicht zu sein – das steht regelrecht fest. Was kann man tun? Freilich wäre es angemessen, dass sich die EJRM an die Resolution 300 des US-Senates halten sollte, denn die derzeitigen Provokationen Seitens der EJRM isolieren nicht nur das Land, sondern gebären auch innerliche Unruhen in der albanischen Bevölkerung. “Die Presse” kommentierte die Sachlage nämlich so:[…] Ohne baldigen Nato-Beitritt und den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen sehen auch Politiker der starken albanischen Minderheit den Zusammenhalt des labilen Staates, der 2001 am Rand eines Bürgerkriegs stand, gefährdet. “Die Albaner in Mazedonien werden ihren Brüdern aus Albanien und dem Kosovo in die Nato und die EU folgen – unabhängig davon, ob die unfähige Regierung von Gruevski die Kapazität hat, das Land dorthin zuführen”, warnt düster Menduh Thaci, Chef einer oppositionellen Albaner-Partei. […]

Es bleibt zu hoffen, dass der Nationalismus in der EJRM an Gewicht verliert und die Diplomatie, so wie auch das Demokratieverständnis, an Zuwachs gewinnt. Es scheint aber so, dass die Situation sich ins Gegenteil wendet und in der EJRM lieber Hellenische Statuen und Gebäude gebaut, Plätze, Flughäfen, staatliche Institutionen in griechische Namen umgetauft, werden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Eisenfeld
quelle: readers-edition.de/2009/05/14/ein-staat-zwei-gesichter-ii

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