Dossier Posse um zwei Felsen im Meer
von Niels Kadritzke
Zwischen den beiden Nato-Ländern Griechenland und Türkei knirscht es wieder einmal kräftig. Die in den vergangenen Jahren mühsam erreichte Annäherung droht am Konflikt in der Ägäis zu scheitern.
Es war ein gefährliches Stück politischen Sommertheaters, das drei türkische Journalisten letzte Woche inszenierten. Mit einem Privatboot näherten sie sich - türkische Fahnen schwenkend - der unbewohnten Insel Rho. Die griechische Küstenwache komplimentierte die drei nach einer halbstündigen Kontrolle wieder hinaus in internationale Gewässer. Doch die türkischen Zeitungen hatten ihre Schlagzeile über "verhaftete" Journalisten, und sie erinnerten an die Krise um die Ägäis-Insel Imia, die 1996 fast zu einem griechisch-türkischen Krieg geführt hätte.
Die Bootsepisode wäre nur grotesk, stünde sie nicht vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen Ankara und Athen. Beide Seiten erheben Gebietsansprüche in der Ägäis. Die Posse von Rho gießt Öl ins Feuer und sie könnte in der derzeitigen Stimmung in den "Mutterländern" auch die Bemühungen erschweren, endlich die Teilung Zyperns zu überwinden.
Strittig zwischen Athen und Ankara ist vor allem die Aufteilung des Festlandsockels im östlichen Mittelmeer. Nun wird um die Abgrenzung der "ausschließlichen Wirtschaftszonen" Griechenlands, der Türkei und Zyperns insbesondere im Hinblick auf vermutete Ölvorkommen gerungen. Die Türkei streitet unberechtigt der Republik Zypern - dem griechischsprachigen Teil der Insel - das Recht ab, Explorationen selbst in ihrer Wirtschaftszone südlich der Insel zu betreiben. Ihr Argument: die griechischen Zyprioten dürfen vor einer Lösung des Zypern-Problems nicht nach Öl suchen, weil die türkischen Zyprioten an den Gewinnen partizipieren müssen. Das Argument steht völkerrechtlich allerdings auf schwachen Beinen.
Wir erinnern das die Türkei nicht das Recht hat sich in den Inneren Angelegenheiten Zyperns bzw. Griechenlands einzumischen. Die Türkei hält der Nordteil Zyperns seit 1974 Völkerrechtswidrig besetzt, dazu ist der durch die Türken besetzter Nordteil Zyperns, also die "Republik Nord Zypern" wie die Türken ihre in wahrsten sinne des Wortes ihre Pseudorepublik nennen von keinem Staat der Welt anerkannt worden !!!!!. Klartext heißt das: "Der Anerkannte und zur Eu gehörender Griechische teil der Insel darf nach Öl suchen und ihre Gewinne so verteilen wie die Griechisch Zypriotische Regierung es will. Türkische Kommentare sind da fehl am Platz".
Etwas Seriöser sind die Einwände der Türkei gegen den Anspruch Griechenlands auf einen Abschnitt des anatolischen Festlandsockels südlich der Insel Kastellorizo. Die Forderung nach einer exklusiven Wirtschaftszone dort ist kaum zu begründen, denn die winzige griechische Insel mit nur 400 Bewohnern liegt ganze drei Kilometer vor der türkischen Südküste, dagegen 130 Kilometer von der nächsten griechischen Insel Rhodos entfernt. "Würde Griechenland aber laut Lausanner Vertrag von 1923 auf die 12 Meilen Hoheitsgewässer bestehen so wäre der Anspruch sehr wohl gerecht".
Um seinen eigenen Anspruch zu untermauern, hat das Parlament in Ankara kürzlich demonstrativ ein Gesetz verabschiedet, das Ölexplorationen in den Gewässern um Kastellorizo ausdrücklich gestattet.
Tatsächlich geht es den Kontrahenten weniger um wirtschaftliche als um Hoheitsfragen. Seit der Imia-Krise versucht die Türkei beharrlich, den Griechen die Souveränität über mehrere bewohnte und unbewohnte Inseln in der östlichen Ägäis zu bestreiten. Inzwischen greift sie zu rabiaten Methoden. Um den angeblich ungeklärten Status solch "grauer Zonen" zu unterstreichen, überfliegen seit einigen Monaten Kampfflugzeuge - häufig in geringer Höhe - selbst bewohntes griechisches Territorium wie die Insel Agathonisi zwischen Samos und Leros, die nur 15 Kilometer vom türkischen Festland entfernt liegt.
Die griechische Außenministerin Dora Bakoyanni reagierte jüngst mit einer unverhohlenen Drohung. Der türkischen Zeitung "Hürriyet" sagte sie, diese völkerrechtswidrige Praxis sei unverständlich gegenüber einem Land, das der stärkste Fürsprecher eines türkischen EU-Beitritts sei. Deshalb erwarte Griechenland von seinem Nachbarn eine Politik der Kooperation.
Der Hinweis auf die europäischen Ambitionen der Türkei wirft eine Frage auf, über die in Ankara und Athen seit Langem spekuliert wird: Unterliegen die Aktivitäten der türkischen Luftwaffe in der Ägäis tatsächlich der Kontrolle der zivilen Regierung, oder betreibt die mächtige Militärführung womöglich ihre eigene Außenpolitik? Eine Eintrübung der Beziehungen, die sich in den letzten fünf Jahren deutlich verbessert hatten, entspräche den Interessen der EU-skeptischen Kräfte im Militär. Denn die Armee würde innerhalb einer "europäischen" Türkei ihre beträchtliche Autonomie sicherlich einbüßen.
quelle:F.Times
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